Ausgabe 2 / 2015 Bibelarbeit von Rainer Kessler

Und wenn sie mir nicht glauben?

Oder: Sprachlosigkeit gemeinsam überwinden

Von Rainer Kessler

Selbst Frauen und Männer, die in Familie, Schule, Beruf oder Freizeit gar nicht „auf den Mund gefallen“ sind, kriegen, wenn sie öffentlich vor einem größeren Publikum reden sollen, den berühmten „Kloß im Hals“. Es ist eben etwas anderes, ob man sich im alltäglichen Leben im vertrauten Kreis bewegt oder vor vielen und zumeist unbekannten Menschen das Wort ergreifen soll.

Kann ich das? Finde ich die rechten Worte? Den richtigen Ton? Wird man auf mich hören? Werde ich mich nicht blamieren? – So geht es durch den Kopf. Manche oder mancher, die oder der gerne etwas sagen würden, verstummt angesichts solcher Zweifel lieber.

Die Erfahrung ist keineswegs neu. Die gewichtigste Gestalt des Alten Testaments, Mose, hatte den Auftrag, sein Volk aus der ägyptischen Sklaverei ins zugesagte Land zu führen, und er sollte ihm den Willen Gottes in Gestalt seiner Tora übermitteln. Beides ging nicht ohne überzeugendes Reden. Und daran wäre die Geschichte fast schon gescheitert, noch ehe sie richtig begonnen hatte.

Gottes Auftrag an Mose

Am Anfang des Buches Exodus (2.Mose) wird von der Unterdrückung des Volkes Israel in Ägypten und vom versuchten Völkermord des Pharao an den israelitischen Jungen erzählt. Es sind ägyptische Hebammen, die die Pläne des Herrschers unterlaufen. Es sind Mutter und Schwester des zur Rettung auser­sehenen Mose, die sein Überleben ­sichern. Es ist die Tochter des Pharao, die den Jungen gegen den Befehl des Vaters großzieht. Aber noch dauert die Unterdrückung des Volkes an. Endlich kommt es zur Berufung Moses in der berühmten Szene mit dem brennenden Dornbusch (Ex 3-4).

Gott teilt Mose mit, dass er das Leiden des Volkes beenden will. Und er beauftragt Mose, zum Pharao zu gehen und das Volk aus Ägypten zu führen (3,7-10). Mose antwortet mit zwei Fragen, die ihre Berechtigung haben. Die erste lautet: „Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Kinder Israel aus Ägypten führen soll?“ (V. 11). Die Frage ist berechtigt im Mund eines Mannes, der nicht zu den selbsternannten Befreiern gehört, die sich nach gelungener Befreiung oft zu neuen „Pharaonen“ aufschwingen. So einer ist Mose nicht. So berechtigt die Frage, so knapp ist die Antwort Gottes: „Ich werde mit dir sein“ (V. 12). Mose kann zum Befreier werden – nicht, weil er es will, sondern weil Gott es will und deshalb an seiner Seite steht.

Moses zweite Frage heißt: Wer bist du eigentlich? Auch sie ist berechtigt. Schließlich will Mose nicht falschen Versprechungen folgen. Gottes Antwort verweist darauf, dass Menschen nicht über ihn verfügen können, dass er aber zuverlässig ist. Das ist wohl der Sinn des berühmten „Ich werde sein, der ich sein werde“ (Luther und Zürcher Bibel), des „Ich bin der ‚Ich-bin-da'“ (Einheitsübersetzung), des „Ich bin da, weil ich da bin“ (BigS). Zur Bestätigung offenbart Gott seinen Namen (3,13-15).

Nach den zwei Klarstellungen wiederholt Gott seinen Auftrag an Mose, und zwar viel ausführlicher als beim ersten Mal. Gott geht ins Einzelne, weil er nach Beantwortung der beiden ersten Fragen davon ausgehen kann, dass Mose den Auftrag nun ausführt (3,16-22). Aber Mose ist noch nicht so weit. Er bringt einen weiteren Einwand vor: „Und wenn sie mir nicht glauben?“ Das ist schon weniger einleuchtend als die vorherigen Fragen. Es wird doch wohl von Moses Worten abhängen, wie überzeugend er ist. Aber Gott lässt ihn einige Wunderzeichen tun, die seine Autorität unter Beweis stellen sollen (4,1-9).

Schließlich fährt Mose auf, was er wohl für sein schwerstes Geschütz hält: „Mit Verlaub, Adonaj, ich bin kein Mann der Worte, schon seit gestern und vorgestern nicht und auch nicht, seit du zu deinem Knecht redest. Denn ich habe einen schwerfälligen Mund und eine schwerfällige Zunge“ (4,10). Später wird er sagen, er sei „unbeschnitten an den Lippen“ (6,12.30). Da ist diese Selbsteinschätzung, die wir auch kennen: Ich bin kein Redner, keine Rednerin. Ich habe das noch nie gekonnt. Wenn es darauf ankommt, kriege ich den Mund nicht auf, und die Zunge löst sich nicht. Gott antwortet ruhig. Mose soll es einfach Gottes Sorge sein lassen. Er hat den Menschen die Gabe der Rede gegeben, er wird auch ihm, Mose, die rechten Worte in den Mund legen (4,11-12). Nun zeigt sich, dass Moses „Einwand“ in Wirklichkeit eine Ausrede war. Denn er schlägt plötzlich einen unangemessenen und patzigen Ton an. Er sagt zu Gott: „Schick doch, wen du willst!“ (4,13). Dass also ist der wahre Grund: Mose will die schwere Aufgabe, seine Landsleute zu überzeugen, nicht übernehmen. Er will sich dem gefährlichen Auftrag entziehen, zum ägyptischen Herrscher zu gehen. Er will das Wagnis, das die Herausführung eines ganzen Volkes bedeutet, nicht eingehen.

Dass Gott zornig wird, können wir nachvollziehen. Aber Gott gibt nicht auf. Noch einmal geht er auf Mose ein. Er verweist ihn auf den redegewandteren Bruder Aaron. Zusammen können sie es schaffen. Starke Bilder werden verwendet. Aaron soll für Mose zum Mund werden, und Mose für Aaron zum Gott (4,14-16). Später wird Aaron als Prophet Moses bezeichnet (7,1). Darauf kommt es an: Der eine hat vielleicht die besseren Einfälle, der andere kann geschickter formulieren. Zusammen aber können sie etwas ausrichten.

Auf die Botschaft kommt es an

Lassen wir die zwei Kapitel noch einmal Revue passieren, dann sehen wir, dass es in erster Linie auf die Botschaft und ihre Konsequenzen ankommt. Die Frage, wie gut der Mensch reden kann, der den Auftrag ausführen soll, ist demgegenüber zweitrangig. Die Behauptung Moses, er könne nicht reden, kommt eigentlich nur noch als Ausrede daher.

Die Botschaft freilich ist nicht harmlos. Es geht um die Befreiung aus der Unterdrückung, das ist die verlockende Seite. Aber dazu müssen die unterdrückten Landsleute allererst gewonnen werden. Das ist keineswegs selbstverständlich. Und es muss die feindliche Macht des Pharao überwunden werden. Das ist gefährlich und erfordert Mut. Und schließlich gibt keiner die Garantie, dass das ganze Unternehmen auch gelingt – keiner außer Gott selbst. Das erfordert Glauben, Vertrauen, Zuversicht.

Die Erzählung von Moses Berufung sagt uns, dass es auf die Botschaft ankommt. Wer an die Botschaft glaubt, wer den Mut aufbringt, die Konsequenzen aus ihr zu ziehen, und wer an den guten Ausgang glaubt, der kann die Botschaft auch ausrichten. Die rednerischen Fähigkeiten sind dem nachgeordnet. Schließlich haben wir unzählige Beispiele von rhetorisch begabten Rednern vor Augen, die glänzend reden können, ohne wirklich etwas zu sagen. Untersucht man, was ihre Botschaft ist, dann stößt man auf leere Versprechungen, hohle Phrasen, Blendwerk und Luftbuchungen. Ein rhetorisches Feuerwerk verpufft schnell, wenn man nach dem Kern des Gesagten fragt. Auf ihn kommt es aber an. Nur dann kann auch die schöne Rede Bestand haben.

Auf uns angewendet heißt das: Wenn wir mit unseren tatsächlich oder vermeintlich fehlenden rednerischen Fähigkeiten hadern, sollten wir erst einmal überlegen, was wir überhaupt ausrichten wollen. Wenn wir keine Worte finden, kann es ja daran liegen, dass wir im Innersten gar nicht genau wissen, was wir sagen wollen. Beim Schreiben von Artikeln wie diesem merke ich es oft: Wenn ich die rechten Worte nicht finde, liegt es meistens daran, dass mir der Inhalt dessen, was ich sagen will, nicht klar ist. Auch beim Reden gilt, dass die Botschaft klar sein muss und dass ich von ihr überzeugt sein muss, wenn ich sie ausrichten will. – Aber gibt es nicht doch unterschiedliche Talente zum Reden?

Gemeinsam seid ihr stark

Natürlich gibt es unterschiedliche Talente zum Reden. Mose sagt von sich, er sei „kein Mann der Worte“, er habe „einen schwerfälligen Mund und eine schwerfällige Zunge“ (4,10), er sei „unbeschnitten an den Lippen“ (6,12.30). Das wird auch gar nicht bestritten. Gott sagt über Moses Bruder, er selbst wisse, dass dieser Aaron „zu reden versteht“ (4,14). Der Unterschied wird nicht in Frage ­gestellt. Aber er darf nicht die Rolle spielen, die Mose ihm zuschreibt. Der Unterschied in der Redebegabung darf nicht zum Vorwand werden, sich vor der Aufgabe zu drücken.

Reden gilt von alters her als Kunst. Damit ist nicht das alltägliche Reden gemeint, sondern die öffentliche Rede, sei es von Politikern und Politikerinnen, sei es das Plädoyer vor Gericht, sei es die Predigt von der Kanzel oder welche Form auch immer. Um eine Kunst vollkommen zu beherrschen, braucht es Talent und viel Arbeit. Ein Stück weit kann jeder und jede auch mit wenig Begabung in der Kunst Fortschritte machen. Vieles am öffentlichen Reden lässt sich lernen.

Und es gibt Hilfsmittel. Deren Einsatz lässt sich allemal erlernen. Ein Handzettel, der den Zuhörenden beim Verfolgen der Rede hilft, ist leicht zu schreiben. Wie man eine Power-Point-Präsentation erstellt und vorführt, ist erlernbar. Zwar gibt es eine Scheu, sich mit modernen Medien zu befassen. Aber wer eine Botschaft unbedingt an die Frau und den Mann bringen will, nimmt die Mühe auf sich.

Doch unsere Erzählung von Moses Berufung spricht gar nicht von einem Rhetorikkurs, den Mose besuchen soll, und auch nicht von irgendwelchen Medien. Sie spricht vom Wichtigsten, das wir kennen, um unsere Sprachlosigkeit zu überwinden: Wir müssen begreifen, dass wir nicht allein sind. Gott verweist Mose auf seinen Bruder Aaron: Gemeinsam schafft ihr es, die Botschaft auszurichten. Das Ergebnis ist verblüffend. Bei den ersten Verhandlungen mit dem Pharao treten Mose und Aaron noch zusammen auf (Ex 5). Auch in den Erzählungen von den ägyptischen Plagen treffen wir oft die beiden gemeinsam an. Aber recht schnell tritt Aaron in seiner Rolle als Sprachrohr Moses, als sein „Mund“ (4,16), in den Hintergrund. Immer häufiger spricht nur noch Mose zum Pharao. Es ist, als bräuchte er die Unterstützung seines Bruders immer weniger. Und am letzten Tag seines Lebens hält er eine unglaublich lange Rede. Sie umfasst beinahe das ganze Buch Deuteronomium (5.Mose). Von Aarons Mitwirkung hören wir kein Wort mehr.

Um Gottes Botschaft auszurichten, ist keiner allein auf sich gestellt. Anfangs hat Mose die Hilfe seines redegewandten Bruders. Als das Volk Israel das Schilfmeer durchquert hat und dem Heer des Pharao entkommen ist, singt nicht nur Mose das Gotteslob, sondern auch Mirjam (Ex 15,1-21). Und nach Mose treten immer wieder Propheten und Prophetinnen auf „wie Mose“ (vgl. Dtn 18,15.18), Männer wie Elija und Jeremia und Frauen wie Debora (Ri 4,4) und Hulda (2 Kön 22,14-20). Ähnlich wie Mose wird Jeremia sagen: „Ich verstehe nicht zu reden.“ Aber Gott wird ihm seine Worte in den Mund legen, und er wird zu den wortgewaltigsten Propheten gehören, die die Hebräische Bibel kennt (Jer 1,4-9).

Sprachlosigkeit kann überwunden werden. Der erste Schritt besteht darin, dass man sich klar darüber wird, was man überhaupt ausrichten will. Schon darüber ist Verständigung in Gemeinschaft sinnvoll. Und dann kann in einem zweiten Schritt überlegt werden, wie das ausgerichtet werden soll, was es zu sagen gilt. Und da gilt erst recht: Keine und keiner ist auf sich allein gestellt. In vielen Fußballstadien der Welt singen die Fans: „You'll never walk alone.“ Das gilt auch, wenn wir uns daran machen, unsere Sprachlosigkeit zu überwinden.

Für die Arbeit in der Gruppe

Ziel:
Zunächst gilt es festzuhalten, was das Ziel einer Bibelarbeit über Moses Berufung und die Frage der Überwindung unserer Sprachlosigkeit nicht sein kann: Eine Bibelarbeit kann weder einen Rhetorikkurs noch eine Einführung in die Arbeit mit neuen Medien ersetzen. Es kann sein, dass am Ende der Beschäftigung mit dem Text und dem Thema einzelne, ein Teil der Gruppe oder alle den Entschluss fassen, sich unter fachkundiger Anleitung rhetorisch und/oder in der Arbeit mit modernen Medien weiterzubilden. Aber weder ist das das erklärte Ziel der Bibelarbeit, noch kann das gar die Bibelarbeit selbst leisten.

Die Teilnehmerinnen sollen aber zu zwei Einsichten gebracht werden. Die erste besteht darin, dass der Inhalt dessen, was auszurichten ist, im Vordergrund steht. Und die zweite besagt, dass niemand allein seine Sprachlosigkeit oder ihre Sprachschwierigkeiten bearbeiten muss, sondern dass dies gemeinsam nicht nur besser gelingen, sondern auch mehr Freude bereiten kann.

Material:
– Gesangbücher, Bibeln
– je nach Dauer der Arbeitseinheit: Schlussabschnitt der Rede von Dr. Martin Luther King vom 28.8.1963 in Washington (Textausschnitt im Anhang, vollständiger Text der Rede unter: http://usa.usembassy.de/etexts/soc/traum.htm)

Ablauf:
Lied:
Sonne der Gerechtigkeit (EG 263,1-5)

Bibelarbeit:
Die Gesprächsrunde hat zwei Teile.

Im ersten Teil wird der Text von Ex 3-4 gelesen und untersucht. Dabei sollte zweierlei erarbeitet werden:

(1) Wozu wird Mose berufen, was soll er ausrichten? – Dabei kann es hilfreich sein, über den Doppelsinn des deutschen Wortes „ausrichten“ nachzudenken. Mose soll etwas ausrichten in dem Sinn, dass er etwas bewerkstelligen soll: Er soll die Freilassung der Israelitinnen und Israeliten vom Pharao bewirken und sie aus Ägypten in die Freiheit und ins zugesagte Land führen. Und er soll diese Botschaft den Hebräerinnen und Hebräern ausrichten, das heißt, sie ihnen übermitteln. In dem Gesprächsgang sollte klar werden, dass die Botschaft ein großes Versprechen enthält, aber zugleich mit erheblichen Unsicherheiten und Gefahren verbunden ist.

2) Wenn die Botschaft, die Mose ausrichten soll, erfasst ist, kommen Moses Einwände der Reihe nach dran. Dabei sollte ihr Stellenwert herausgestellt werden: Sind sie nachvollziehbar? Oder handelt es sich um Ausreden? Und wie lässt der Erzähler der Geschichte Gott auf Moses Einwände reagieren?

Der zweite Arbeitsschritt kann – je nach Beschaffenheit und Größe der Gruppe – in Kleingruppen beginnen oder gleich in der Gesamtgruppe stattfinden. Hier geht es um den Transfer in die eigene Lebenswirklichkeit.

Die Teilnehmerinnen werden gebeten, sich zu erinnern, wann sie einmal erfolgreich geredet haben. Damit ist gemeint, dass sie selbst das gute Gefühl hatten, mit ihrer Rede etwas erreicht zu haben. Das muss keine öffentliche Rede sein. Besser sogar wäre eine Rede im Familienkreis oder sogar nur die Ansprache an eine einzelne Person (ein Kind, den Partner oder die Partnerin). Ideal wäre, wenn herauskäme, dass die Rede gelang, weil der Redenden alles daran lag, ihre Botschaft auszurichten.

Der nächste Schritt wäre die Übertragung in die Situation der öffentlichen Rede. Je nach Vertrautheit in der Gruppe kann die Frage hier sein: Wann bin ich gescheitert, also entweder gleich zurückgeschreckt oder ohne befriedigendes Ergebnis geblieben? Die Frage wäre dann, woran das lag. Welche Ängste kamen auf? Hatte ich das Gefühl, Defizite in Rhetorik oder im Umgang mit Medien zu haben?

Wenn ein solcher Schritt zu schwierig ist, könnte die Gruppe sich alternativ ein positives Beispiel vornehmen. Das kann aus der Gruppe beigesteuert werden, indem jemand erzählt, wie sie einmal von einer Rede mitgerissen und begeistert wurde. Oder man nimmt ein klassisches Beispiel: die Rede Martin Luther Kings „Ich habe einen Traum“. Wieder müsste der Doppelfrage nachgegangen werden: Was ist die Botschaft? Und warum empfinden wir die Art, wie die Botschaft ausgerichtet wird, als gelungen?

Abschluss:
Wie immer die Zusammenkunft verläuft – zum Schluss muss die „Lösung“ im Fall Moses zur Sprache kommen, nämlich das gemeinsame Auftreten Moses mit Aaron. Wie lässt sich dieser Gedanke aufgreifen, ohne dass eine, die sich als die Schwächere fühlt, hinter einer anderen, die vermeintlich stärker ist, versteckt? Wie kann die „Schwächere“ dahin kommen, nach anfänglicher Hilfe wie Mose zur selbstbewussten Rednerin zu werden?

Je nach Zusammensetzung und Ziel der Gruppe wäre dies dann der Ort für Überlegungen zu weiteren Bemühungen um rhetorische Schulung oder Einführung in die Arbeit mit medialen Hilfsmitteln.

Lied:
Wach auf du Geist der ersten Zeugen (EG 241,1-4)

Prof. Dr. Rainer Kessler, geb. 1944, hat nach dem Studium der Ev. Theologie und Promotion als Pfarrer sowie als Assistent an der Kirchlichen Hochschule Bethel in Bielefeld gearbeitet. Von 1993 bis 2010 war er Professor für Altes Testament in Marburg. Seitdem befindet er sich im Ruhestand. Für die Bibel in gerechter Sprache hat er die Bücher Samuel (zusammen mit Dr. Uta Schmidt) sowie die Propheten Micha und Maleachi übersetzt.

verwendete Literatur
Rainer Albertz: Exodus, Band I: Ex 1–18 (Zürcher Bibelkommentare 2.1), Zürich 2012.
Helmut Utzschneider / Wolfgang Oswald: Exodus 1–15 (IEKAT), Stuttgart 2013.

Materialanhang
28. August 1963, Washington, D.C

Deswegen sage ich Ihnen, meine Freunde, dass ich immer noch einen Traum habe, obwohl wir den Schwierigkeiten von heute und morgen entgegensehen. Es ist ein Traum, der seine Wurzel tief im amerikanischen Traum hat, dass sich diese Nation eines Tages erheben wird und der wahren Bedeutung ihres Glaubensbekennt­nisses – wir halten diese Wahrheit für offensichtlich, dass alle Menschen gleich geschaffen sind – gerecht wird. Ich habe einen Traum, dass eines Tages die Söhne von früheren Sklaven und die Söhne von früheren Sklavenbesitzern auf den roten Hügeln von Georgia sich am Tisch der Bruderschaft gemeinsam niedersetzen können. Ich habe einen Traum, dass eines Tages selbst der Staat Mississippi, ein Staat, der mit der Hitze der Ungerechtigkeit und mit der Hitze der Unterdrückung schmort, zu einer Oase der Freiheit und Gerechtigkeit transformiert wird. Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht wegen der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt werden.

ICH HABE EINEN TRAUM!

Ich habe einen Traum, dass eines Tages unten in Alabama mit den brutalen Rassisten, mit einem Gouverneur, von dessen Lippen Worte der Einsprüche und Annullierungen tropfen, dass eines Tages wirklich in Alabama kleine schwarze Jungen und Mädchen mit kleinen weißen Jungen und Mädchen als Schwestern und Brüder Hände halten können.

ICH HABE EINEN TRAUM!

Ich habe einen Traum, dass eines Tages jedes Tal erhöht und jeder Hügel und Berg erniedrigt werden. Die unebenen Plätze werden flach und die gewundenen Plätze gerade, und die Herrlichkeit des Herrn soll offenbar werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen. Dies ist unsere Hoffnung. Dies ist der Glaube, mit dem ich in den Süden zurückgehen werde. Mit diesem Glauben werden wir den Berg der Verzweiflung behauen, einen Stein der Hoffnung. Mit diesem Glauben werden wir gemeinsam arbeiten können, gemeinsam beten können, gemeinsam kämpfen können, gemeinsam in das Gefängnis gehen können, um gemeinsam einen Stand für Freiheit mit dem Wissen zu machen, dass wir eines Tages frei sein werden. Und dies wird der Tag sein. Dies wird der Tag sein, wenn alle Kinder Gottes mit neuer Bedeutung singen können: Mein Land, es ist über dir, süßes Land der Freiheit, über das ich singe, Land, wo mein Vater starb, Land des Pilgers Stolz, von jedem Berghang, lass die Glocken der Freiheit läuten. Wenn Amerika eine großartige Nation sein soll, dann muss dies wahr werden.

Lasst daher die Glocken der Freiheit von den wunderbaren Hügeln von New Hampshire läuten. Lasst die Glocken der Freiheit läuten von den mächtigen Bergen New Yorks. Lasst die Glocken der Freiheit von den Höhen der Alleghenies in Pennsylvania läuten. Lasst die Glocken von den schneebedeckten Gipfeln der Rockies in Colorado läuten. Lasst die Glocken der Freiheit vom Lookout Mountain in Tennessee läuten. Lasst die Glocken der Freiheit von jedem Hügel und Maulwurfshügel in Mississippi läuten. Von jedem Berghang lasst die Glocken der Freiheit läuten.

Wenn dies geschieht, und wenn wir erlauben, dass die Glocken der Freiheit läuten, und wenn wir sie von jedem Dorf und jedem Weiler, von jedem Staat und jeder Stadt läuten lassen, werden wir diesen Tag schneller erleben, an dem alle Kinder Gottes, schwarzer Mann und weißer Mann, Juden und Christen, Protestanten und Katholiken Hände halten können und die Worte des alten Neger-Spirituals „Endlich frei, endlich frei. Danke Gott, Allmächtiger, endlich frei“ singen.

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