DIE SEELE:
Die Liebe hat mich so ganz in ihrer Gewalt,
dass ich nicht Sinn, noch Wollen,
noch Verstand habe, etwas zu tun –
Ach, überaus liebwerte göttliche Liebe,
die ihr in der Dreieinigkeit seid!
Es ist ein solches Glück, dass ich mich wundere,
wie jene zu überdauern vermögen,
die von Vernunft und Furcht geleitet sind,
von Wunsch, Werk und Willen.
DIE HEILIGE DREIEINIGKEIT:
Ich bitte euch, liebe Tochter,
lasst es gut sein!
Ihr habt an meiner Tafel gesessen,
und ich habe euch meine Speise gereicht;
und somit seid ihr gut unterrichtet.
Ich bitte euch, liebe Tochter,
meine Schwester und meine Freundin,
um der Liebe willen, ihr wollet darein einwilligen,
dass ihr nichts weiter von diesen Geheimnissen sagt.
Die anderen würden sich damit
Schaden zufügen,
wodurch ihr euch errettet,
da Vernunft und Wunsch sie regieren,
dazu Furcht und Wille.
Doch wisst, ihr meine auserwählte Tochter,
das Paradies wird ihnen gewährt!
Marguerite Porète
(hingerichtet 1310)
Auszüge aus:
Le Miroir des simples ames anienties (dt.: Der Spiegel der einfachen zunichte gewordenen Seelen),
zit. nach: Ulrike Stölting, Christliche Frauenmystik im Mittelalter, Mainz
(Grünewald) 2005
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