Es ist eine der bekanntesten biblischen Erzählungen – die Geschichte von Jona, der drei Tage im Bauch des Fisches verbracht hat, um dann erneut das Licht der Welt zu erblicken. Gerne werden Kinder mit ihrer Hilfe damit vertraut gemacht, dass Gott große Wunder wirken kann. Wer sich in das ganze biblische Büchlein vertieft, wird eine Erzählung mit vielen Gesichtern entdecken.
Das Jonabuch erzählt die Geschichte des fiktiven Propheten Jona von Amittai. Über ihn ist kaum etwas bekannt; der Name wird aus 2 Kön 14,25 entlehnt. Entsprechend der Vielgesichtigkeit des Buches ist seine Aussage und literarische Gattung in der Auslegungsgeschichte immer wieder kontrovers diskutiert worden: Ermöglicht das Jonabuch den Einblick in das mehr oder wenige typische Schicksal eines israelitischen Propheten, wie es die historische Forschung nahelegt?1 Oder ist das Jonabuch als Parodie auf die Unmöglichkeit israelitischer Prophetie in der nachexilischen Zeit zu verstehen?2 Deutlich ist jedenfalls, dass es sich um ein erzählerisches Meisterwerk handelt, das mit unterschiedlichen Gattungen und Motiven spielt, um daraus etwas Neues zu erschaffen.
In der Bibelwissenschaft wird meist angenommen, dass das Jonabuch weit nach dem babylonischen Exil Israels entstanden ist, im vierten oder dritten vorchristlichen Jahrhundert.3 Der Bezug auf die zu bekehrende assyrische Hauptstadt Ninive ist zu dieser Zeit nicht mehr aktuell. Das assyrische Reich war längst Geschichte; es war bereits Ende des siebten Jahrhunderts untergegangen. Damit geht es im Jonabuch um ein fiktives „Ninive“, eine beispielhafte Hauptstadt eines beispielhaft schlechten außerisraelitischen Volkes. Im Unterschied zu anderen Prophetenbüchern belegt das Jonabuch nicht die Tätigkeit eines Propheten, der seine Botschaft mündlich verkündet oder teilweise schriftlich niedergelegt hat. So stellt die Alttestamentlerin Ina Willi-Plein fest: „Das Jonabuch ist kein Prophetenbuch, sondern ein Buch über einen Propheten.“4 Dabei spielt – wie immer man das Buch deuten mag – das Scheitern des Propheten eine wichtige Rolle. Denn Jona scheitert nicht nur einmal, sondern gleich dreimal.
Der Prophet Jona wird von Gott beauftragt, der Stadt Ninive wegen ihrer Schlechtigkeit Unheil und Vernichtung anzusagen. Ninive ist die Hauptstadt des assyrischen Reiches, dessen Heer wegen seiner Brutalität gefürchtet ist. Es hat das Land Israel mehrfach verwüstet und dessen nördlichen Teil sogar erobert und ins assyrische Reich eingegliedert. Deshalb hat die Botschaft, dass die Bevölkerung Ninives wegen ihrer Schlechtigkeit von Gott mit Unheil gestraft werden soll, die HörerInnen oder LeserInnen Israels vermutlich kaum befremdet.
Diesem göttlichen Auftrag will Jona allerdings nicht nachkommen. Er versucht vor Gott zu fliehen und schifft sich nach Tarschisch ein. Diese Stadt kann im Alten Testament für eine sehr entlegene Weltgegend im Westen stehen (wie in Ps 72,10). Dabei, denkt sich die Leserin, hätte Jona als Prophet seinen Gott doch gut genug kennen müssen, um zu wissen, dass es vor Gott kein Entkommen gibt! Und so ergeht es Jona ebenso, wie es die betende Person in Ps 139,7-10 schildert: Auch wenn sie in den Himmel hinaufstiege, wäre dort Gott, desgleichen in der Unterwelt, und auch mit Flügeln der Morgenröte könnte sie sich am äußersten Meer vor Gott nicht verbergen. Auch in der Jona-Erzählung lässt Gott den Sturm auf dem Meer aufziehen, um seinen Propheten zur Umkehr zu bewegen. Als die Seeleute verzweifelt nach der Ursache für den Sturm suchen, gibt sich Jona als diese zu erkennen, da er vor Gottes Befehl zu fliehen versuchte. Er ist sogar bereit, sich zur Rettung des Schiffs über Bord werfen zu lassen. Gesagt, getan – und sofort legt sich der Sturm. Jona wird von einem großen Fisch verschlungen und überlebt so auf wundersame Weise. Im Bauch des Fisches betet Jona einen Psalm, in dem er Gott um Rettung anfleht (Jona 2,3-10). Der Fisch speit Jona an Land, und nach der Reise im Bauch des Fisches wird er dann wieder auf seinen eigentlichen Weg gebracht. Damit ist Jonas „Fluchtversuch“ gescheitert.
Erneut wird der Prophet von Gott an seinen Auftrag erinnert, Unheil über Ninive anzusagen. Wohl oder übel muss sich Jona nun doch auf den Weg nach Ninive machen. Dort verkündet er pflichtgemäß seine Botschaft, dass die riesige Stadt in vierzig Tagen zerstört werden wird. Da geschieht das Unerwartete: Die Menschen der Stadt bekehren sich, allen voran der König. Er ordnet für Menschen wie Tiere ein Fasten an, und er befiehlt, dass sich Mensch und Tier in Bußgewänder hüllen. Alle sollen zu Gott rufen und sich von ihrem bösen Tun abkehren – in der Hoffnung, dass Gott seinen Vernichtungsbeschluss widerruft. Und so geschieht es: Gott sieht, dass Mensch und Tier Reue zeigen, und nimmt den Vernichtungsbeschluss zurück (Jona 3,10).
Damit ist Jona ein zweites Mal gescheitert: Er überbringt zwar die Nachricht vom Untergang der Stadt an die NinivitInnen, doch die überraschende Bußfertigkeit der gesamten Stadtbevölkerung vom König bis zum Vieh lässt Gott nicht unberührt. Und Gott beschließt, das von seinem Propheten angekündigte Unheil nicht zu vollziehen. Das allerdings bringt den Propheten Jona in eine missliche Lage, denn nach verbreiteter alttestamentlicher Anschauung (vgl. Dtn 18,21-22) steht der Prophet nun als Lügner dar, als „Lügenprophet“5 – erweist sich ein prophetisches Wort doch dadurch als wahr, dass es tatsächlich auch eintritt. Durch Ninives Bekehrung hat Jona seine Glaubwürdigkeit eingebüßt und kann nicht mehr damit rechnen, dass ihm die Menschen Gehör schenken. Dieses Scheitern trifft Jona in seiner ganzen Existenz und nimmt ihm quasi seine Daseinsberechtigung, weil es ihn der Möglichkeit beraubt, weiter Gottes Wort zu verkünden. Auch heutige LeserInnen werden gut verstehen, dass Jona hierauf mit Wut und Zorn reagiert. Er wendet sich im Gebet an Gott und klagt ihm, dass er das Geschehene und Gottes Barmherzigkeit doch vorausgesehen hat. Dass Jona nach diesem zweiten Scheitern keine Zukunft für sich mehr sieht, lässt sich daraus schließen, dass er sich von Gott den Tod wünscht (4,3).
Jona wartet keine weitere Antwort ab, sondern macht sich auf, verlässt die Stadt und setzt sich in der Einöde allein unter ein Laubdach, um zu sehen, was tatsächlich mit der Stadt geschieht. Gott lässt neben Jona einen Rizinusstrauch wachsen – was bei dieser Pflanze sehr schnell geht. Er soll dem verärgerten Propheten Schatten spenden und ihn milde stimmen. Und tatsächlich freut sich Jona sehr über die Pflanze. Doch am nächsten Tag lässt Gott den Rizinusstrauch von einem Wurm annagen, woraufhin die Pflanze verdorrt. Als Gott dann noch einen heißen Ostwind schickt, der Jona in der sengenden Sonne beinahe ohnmächtig werden lässt, wünscht sich der Prophet wiederum den Tod. Angesichts dessen fragt Gott, ob Jona denn wirklich wegen eines Rizinusstrauches zornig sein dürfe. Dürfe er, sagt Jona. Gott setzt nach: ob es ihm selbst dann vielleicht auch um Ninive Leid tun dürfe, mit dessen vielen EinwohnerInnen und all dem Vieh. Mit dieser unbeantworteten Frage endet das Jonabuch.
In dieser Schlusspassage des Jonabuches wird ein drittes Scheitern Jonas erkennbar: sein Todeswunsch wird von Gott zurückgewiesen. Die Reaktion Gottes zeigt, dass dieser dem Jona kein Gegenüber ist, das den Zorn annehmen oder aufnehmen würde. In unsere heutige Sprache übersetzt lautet die Formulierung: „Reagierst du eigentlich angemessen, wenn du nun wütend bist?“ (Jona 4,4) Gott stellt also Jonas Zorn infrage. Wenn wir uns als Lesende mit Jona identifizieren, erscheint uns das als ziemlich kalte und zurückweisende Antwort Gottes. Nach dem Verlust seiner Existenzgrundlage als Prophet darf Jona noch nicht einmal wütend reagieren? Was daran wäre nicht legitim? Erst im Folgenden enthüllt sich in der Episode vom Rizinusstrauch (Jona 4,6-11), was wohl der tiefere, eigentlich gar nicht auf Jona zielende Sinn dieser göttlichen Gegenfrage ist: dass es doch eigentlich eine sehr gute Nachricht ist, wenn die Menschen in Ninive sich bekehren, weil sie dadurch nicht mehr dem Untergang geweiht sind. Gott lässt Jonas Wut nicht gelten, so scheint es, weil das Wohl der Vielen in Ninive mehr Gewicht hat als das Leiden des einen Jona wegen des Verlustes seiner Existenzgrundlage.
So erscheint Jona am Schluss ganz und gar von seinem Gott verlassen – dem Gott, der ihn erst mit einem unmöglichen Auftrag losgeschickt hat, dann seine Flucht nicht zugelassen und mit angesehen hat, dass Jonas Botschaft durch die göttliche Barmherzigkeit Lügen gestraft wird, und auf den dieser nun noch nicht einmal zornig sein darf. Ließe sich hierin nicht auch ein Scheitern Gottes erkennen, der seinem Propheten erst Unmögliches aufbürdet und ihm dann noch nicht einmal konsequent zur Seite steht? Welche Theologie mag hinter einer solchen Darstellung Gottes stecken?
In Anknüpfung und Weiterführung der Gedanken des Alttestamentlers Andreas Schüle6 ließe sich die Vielschichtigkeit der Botschaft des Jonabuches so deuten, dass sich hier mehrere theologische Stimmen überkreuzen und überlagern. Welche theologischen Stimmen sind dies, die sich im Jonabuch Gehör verschaffen?
Da ist erst einmal eine Stimme prophetischer Theologie, die durch das Deuteronomium und verwandte Texte beeinflusst ist. Sie wurde bereits genannt, als es um das Kriterium für wahre Prophetie ging: Prophetie ist dann wahr, wenn sich bewahrheitet, was ein Prophet verkündet hat (Dtn 18,21-22). Dieser Ansicht hängt dem Jonabuch zufolge auch der Prophet Jona an; sonst wäre seine Verzweiflung über sein Scheitern kaum nachvollziehbar.
Es gibt aber noch eine zweite Stimme prophetischer Theologie, die dem gleichen (deuteronomistischen) Hintergrund entstammt und eine Weiterentwicklung der eben genannten Ansicht darstellt. Nun wird dem göttlichen Wort zugetraut, dass es verändert und in Bewegung bringt – wie im Jonabuch die NinivitInnen und ihren König. Ein wichtiger Beleg für diese Denkweise findet sich in Jer 18,7-8. Dort spricht Gott durch den Propheten exakt von der Möglichkeit, die in Jona 3,9-10 geschildert wird: Nach der Verkündigung einer Unheilsbotschaft kann ein böses Volk noch umkehren, und dies wiederum kann zur Abkehr Gottes von seinem Strafvorhaben führen. „Umkehr“ und „Reue“ sind hier die zentralen Begriffe.
Diese Stimme im Jonabuch ist einer theologischen Haltung eng verwandt, die mit der Möglichkeit rechnet, dass nicht nur das Volk Israel Gott erkennen kann, sondern auch andere Völker. Gott wird hier als barmherziger Richter gezeichnet, der sein Amt über die ganze Welt ausübt. Dieser Richter vollzieht die einmal verkündete Strafe nicht stur und unbeirrbar, sondern lässt sich zur Zurücknahme seines Schuldspruches bewegen („gereuen“), wenn die angesprochenen Menschen ihr Verhalten ändern („umkehren“). In diesem Bild folgt Gott in seinem Handeln Gesetzmäßigkeiten, die nicht nur von IsraelitInnen nachvollzogen werden können, sondern auch von anderen Völkern. Bei Jona zeigt sich diese Denkweise darin, dass der assyrische König ohne weitere Aufklärung über die Identität des strafenden Gottes sofort im Bilde darüber ist, was zu tun ist, um die angekündigte Strafe abzuwenden. Eigentlich hätte man erwarten können, dass der König sich dem Gott des fremden Volkes Israel nicht unterordnet und auch dessen Unheilsankündigung nicht ernst nimmt. Nicht so in dieser theologischen Denkrichtung – nun ist der Gott Israels gleichzeitig der Gott der ganzen Welt, und sein Handeln wird weltweit fraglos akzeptiert.
Die dritte Stimme im Jonabuch hat einen ähnlich weiten Horizont. Diese Denkrichtung lässt sich mit einer Theologie in Verbindung bringen, die sonst gelegentlich in der Prophetie, häufiger aber in den weisheitlichen Schriften des Alten Testaments (Sprüchebuch, Hiob, Kohelet) zu finden ist. Wie bei der zweiten Stimme, so ist auch hier der Wirkungskreis Gottes ganz weit gezogen: Der Gott Israels ist der Gott der ganzen Welt, und er ist der Schöpfer aller Geschöpfe. Gott liegt daran, dass sie alle leben können. Insofern liegt ihm mehr an der Umkehr von sündigen Menschen als daran, dass sie ihre Strafe empfangen (so auch Ez 33,11).
Diese Stimme meldet sich am Ende des Jonabuches in der offenen Frage Gottes an Jona zu Wort, ob ihn der Untergang Ninives und all seiner Geschöpfe nicht reuen sollte. Vor dem Hintergrund von Ez 33,11 ließe sich diese Frage als rhetorische Frage deuten, deren Antwort nur lauten kann: Natürlich macht es Gott etwas aus, wenn seine Geschöpfe zugrunde gehen! Es ist Gott bedeutend lieber, wenn sie bereuen und am Leben bleiben können.
Im Jonabuch kommen also ganz unterschiedliche theologische Stimmen zu Wort, und sie fordern dem Propheten wie auch Gott Handlungs- und Denkweisen ab, die sich nicht miteinander vereinbaren lassen. Die bereits zitierte Alttestamentlerin Ina Willi-Plein formuliert dieses Dilemma zutreffend: Das Jonabuch „thematisiert die logische Unmöglichkeit der Prophetie, die darin besteht, dass Prophetie immer Appellcharakter hat, vor allem dann, wenn sie Unheilsprophetie ist. Da aber Gott das Unheil für die Menschen nicht will, wird der Prophet gerade dann unglaubwürdig, wenn er Erfolg hat. Der Unglücksbote steht dumm da, wenn Gottes notorische Barmherzigkeit das Unheil nicht eintreten lässt.“7 Ein Prophet, der für einen gnädigen Gott Unheil verkündet, ist damit quasi zum Scheitern verurteilt.
Jona kann also gar nicht allen Kriterien und Erwartungen gleichzeitig genügen. In einer Umbruchssituation wie dem nachexilischen Israel ist es nicht möglich, den Anforderungen der älteren (wahre Prophetie, Gott als Gott Israels) und der neueren (Barmherzigkeit Gottes, Gott der ganzen Welt) Denkweisen so nachzukommen, dass allen gleichermaßen Genüge getan wird. Welche Handlungsmöglichkeiten hat der Prophet in dieser Situation? Eine Option wäre, sich nur nach einer der vielen theologischen Stimmen zu richten und sich von den anderen Anforderungen zu verabschieden. Der andere Weg bestünde darin zu erkennen, dass es gar nicht so ungewöhnlich ist, sich im Gewirr verschiedener Ansprüche zu verstricken und das Eigene oder Eigentliche darüber zu verlieren.
Salopp gesagt: Man kann es schließlich nicht allen recht machen. Welchen Weg der Prophet letztlich wählt, wird nicht erzählt. So bleibt es uns überlassen, die offene Schlussfrage zu beantworten – vielleicht auch im Blick auf unser eigenes Leben und Scheitern.
Material
– evtl. Material für eine gestaltete Mitte zur Jonaerzählung: einige morsche Bretter und/oder ein kleines Spielzeugboot, ein aufblasbarer Wal, eine Vase mit grünen Zweigen, etwas weißer Sand, einige Kieselsteine
– Bibeln oder Kopien des Jonabuches
– Arbeitsblätter mit Anleitungen für Gruppen; Blätter für Vorleserinnen
Kopiervorlagen für AbonnentInnen unter www.ahzw-online.de / Service zum Herunterladen vorbereitet
Ablauf
Einstieg: Einladung, sich neu mit einer der bekanntesten biblischen Geschichten zu beschäftigen: dem Jonabuch – Die Teilnehmerinnen tragen kurz die wesentlichen Inhalte der Erzählung zusammen.
Impuls: „Was will diese biblische Geschichte uns sagen?“ Mit welcher Deutung wurde sie uns, wird sie Kindern erzählt? (Gott kann große Wunder wirken …)
Vertiefung: Die Überschrift könnte auch lauten: Dreimal armer Jona – denn erzählt werden in 4 Kapiteln 3 Geschichten des Scheiterns.
3 Kleingruppen mit je einem Teil des Jonabuchs: Kap 1+2 / Kap. 3 / Kap. 4; Auf-trag für alle Gruppen:
Laut (reihum) lesen – das Erzählte aus Jonas Sicht betrachten: Wie erlebt Jona das Geschehen? Was bedeutet bzw. welche Folgen hat das für ihn? Welche Gefühle mögen da in Jona aufkommen?
Stellen Sie sich vor: Unmittelbar nach seinem Erlebnis trifft Jona sich mit einer Runde von KollegInnen. Es beginnt mit einem kurzen „Blitzlicht“: Woher komme ich? Wie geht es mir? – Was würde Jona Ihrer Ansicht nach sagen?
Plenum: Je eine pro Gruppe trägt das Blitzlicht (in Ich-Form!) vor – andere aus der Gruppe können (in Ich-Form) ergänzen. – Niemand kritisiert oder stellt das Vorgetragene in Frage!
Weiterdenken: „Dreimal armer Jona“? Ist Jona wirklich auf ganzer Linie gescheitert? – Die Geschichte sieht anders aus, wenn wir die Perspektive wechseln und sie „von außen“ betrachten. In der Bibel endet das Buch offen, mit einer eher rhetorischen Frage Gottes.
– Jona 4,10f vorlesen
3 Gruppen: Erzählen wir die Geschichte mit einem neuen Schluss: (1) Wie könnte es – soweit wir wissen – realistisch betrachtet ausgehen? (2) Wie könnte die Geschichte enden, wenn sie so liefe, wie Jona sich das wünscht? (3) Wie könnte das Buch enden, wenn wir es mit Abstand zu Jonas Gefühlen und Wünschen schreiben würden? – besprechen, kurzen neuen Schluss (max. 3 Sätze) aufschreiben, im Plenum zusammentragen
Aktualisieren: Die Erfahrung Jonas, den verschiedenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden, ist uns vertraut. Auch wir sind oft von den vielen gegensätzlichen Erwartungen und Ansprüchen hin- und hergerissen …
Aus 3 Ecken des Raums werden Ansprüche vorgelesen – eine beginnt (leise), dann steigen die anderen ein – gleichzeitig weiterlesen – langsam immer lauter werden (ca. 3 Min.); z.B.:
(1) du musst besser auf dich achten – du arbeitest zu viel – lass die Kinder selbst die Wäsche machen – gönn dir was – du musst endlich wieder ein Buch lesen – geh doch mit zum Yoga
(2) schön und gut, wenn du wieder arbeitest; aber du musst dich mehr um die Kinder kümmern – du weißt doch, wie unglücklich deine Mutter im Altersheim wäre – du kannst den Kindergeburtstag nicht schon wieder ausfallen lassen – wer soll die Kinder denn sonst zum Sport fahren …
(3) du hast doch versprochen, für den Vorstand zu kandidieren – vergiss nicht die Zutaten für den Kuchen zum Weihnachtsbasar – du musst heute Überstunden machen, sonst gibt es eine Katastrophe
Austausch: Kennen wir das? Wie fühlt sich das an?
Einzelarbeit: Bei welcher Gelegenheit konnte ich mich aus dem „Gewirr der Stimmen“ lösen und so „gelungen scheitern“? Was hat mir dazu geholfen?
– Austausch
Lied: Meine engen Grenzen (EG 600)
Segen: Gott segne euer Bemühen, euren Aufgaben gerecht zu werden und gebe euch Kraft. Gott stärke euer Nein, wenn es zu viel wird. Gott bleibe bei euch und behüte euch. Amen
Prof. Dr. Gerlinde Baumann, geb. 1962, ist – u.a. Autorin, Übersetzerin und Lektorin theologischer Texte. Seit 2009 ist sie apl. Professorin für Altes Testament am Fachbereich Ev. Theologie der Philipps-Universität Marburg. Marburg – https://gerlinde-baumann.de
Anmerkungen
1) Einen umfassenden Einblick in die Forschung zum Jonabuch bis 1994 gibt Rüdiger Lux: Jona – Prophet zwischen „Verweigerung“ und „Gehorsam“. Eine erzählanalytische Studie, FRLANT 162, Göttingen 1994, 23-65.
2) Dazu siehe z.B. Gisela Matthiae: Humor (AT), www.wibilex.de, 2009, Abschnitt 3.3.1.
3) So z.B. Hans Walter Wolff: Dodekapropheten 3: Obadja und Jona, BK.AT XIV/3, Neukirchen-Vluyn 1977, v.a. 55f.
4) Ina Willi-Plein: Jona als Beispiel narrativer Diskussionskultur, in: Beat Huwyler u.a. (Hg.), Prophetie und Psalmen. FS Klaus Seybold, AOAT 280, Münster 2001, 217-229; 217.
5) So z.B. Ina Willi-Plein: Das Zwölfprophetenbuch, Theologische Rundschau 64 (1999), 351-395, hier: 378.
6) Andreas Schüle, „Meinst du, dass dir Zorn zusteht?“ Der theologische Diskurs des Jonaschlusses (Jona 3,6-4,11), Theologische Literaturzeitung 131 (2006), 676-688.
7) Ina Willi-Plein, Jona, 228.
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