Ausgabe 1 / 2013 Material von Anne Rieck

Zum „Zerbrechen vertrauter Gottesbilder“

Von Anne Rieck

Das Regenbogen-Bild (siehe Seite 42) ist als Werkstück im Rahmen des Fernstudiums Feministische Theologie in der Hannoverschen Landeskirche entstanden. Drei Texte sollen helfen das Dargestellte zu deuten. In dem Werkstück lässt Roswitha Gnadt eine persönliche theologische Auseinandersetzung mit den traditionellen, männlichen Gottesbildern ihrer biographischen und kirchlichen Prägung sichtbar werden. Sie schreibt dazu, dass ihr die „männlichen“ Gottesbilder ihrer religiösen Tradition zunehmend problematisch wurden und schließlich zerbrachen. Dadurch war ein Leerraum entstanden, für den sie nach einer neuen Füllung suchte. Roswitha Gnadt hat im unteren Bereich ihres Bildes einige Gottesmetaphern der Bibel dargestellt; insbesondere die hebräischen Worte Ha Makom und Ruach müssen ggf. während der Bildbetrachtung kurz erläutert werden.

Ha Makom – „Gott“ hat in der hebräischen Bibel einen Eigennamen, der Mose in Exodus 3 offenbart wird; im Text erscheint er unter den vier Konsonanten JHWH. In der jüdischen Tradition wird er – aus Respekt vor der Heiligkeit Gottes – nicht mehr laut ausgesprochen. Beim Vorlesen werden Ersatzworte gesprochen, die entweder aus der Bibel selbst oder aus der Tradition stammen, u.a. „der Heilige“ oder „der Ewige“. Eines dieser Ersatzworte ist Ha Makom. Es bedeutet „der Ort“ und leitet sich ab aus einer Anspielung im Buch Ester, dessen Erzählungen im persischen Exil spielen. Nach rabbinischer Tradition ist dieser „Ort“ eine Anspielung auf Jerusalem, den Ort, an dem Gott selbst seinen Namen wohnen lassen will. Zu diesem Ort seine Zuflucht zu nehmen, heißt auch in Zeiten der Gottesferne, der Bedrängnis darauf zu vertrauen, dass Gott ein Ort der Welt ist und erreichbar bleibt bzw. wieder sein wird. Ha Makom ist darum ein Hoffnungsname Gottes in schweren Zeiten.

Ruach ist hebräisch und bedeutet Atem, Hauch, Wind, Geist, Lebenskraft. Eng verwandt mit Ruach ist das Wort Räwach, das Weite, Raum, Erleichterung und Errettung aus Bedrängnis umfasst. „Der Begriff hat einen ursprünglichen Zusammenhang mit Geburt, die neues Leben schafft“, schreibt Helen Schüngel-Straumann und weist darauf hin, dass der Zusammenhang zum Atem zentral ist: Ruach ist Gottes Atem, seine/ihre weibliche, mütterliche Liebes- und Schöpfungskraft, die alles Leben hervorbringt, bzw. alles, was ist, lebendig macht. Die Ruach Gottes, deren grammatisch weibliches Geschlecht im Hebräischen bedeutungsvoll ist, wird in der deutschen Übersetzung zum Geist Gottes, und dabei geht ein Teil des „Bedeutungshofes“ von Ruach verloren.

Anne Rieck

gekürzt aus:
„Wenn Frauen Gott sagen“
Teil 1: Gott

hgg. vom
Haus kirchlicher Dienste der Ev.-luth. Landeskirche
Hannovers

5 EUR / Bestellung über:
frauenwerk@kirchliche-dienste.de

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