Ausgabe 2 / 2011 Artikel von Martina Liebendörfer

Zusammen macht Spaß

Generationen übergreifende Frauenarbeit

Von Martina Liebendörfer


Die demographische Entwicklung in Deutschland zeigt schon lange einen Wandel in der Bevölkerung an. Die Menschen werden älter, und sie leben immer häufiger alleine. Zugleich sinken die Geburtenzahlen, die Zahl der Einzelkinder nimmt zu – und immer mehr Enkelkinder haben seltener Kontakt zu ihren Großeltern.

Diese Entwicklung(1) bildet sich auch in den Gruppen der Kirchengemeinden ab. Leiterinnen von Frauenkreisen klagen, dass kaum noch junge Frauen zur Teilnahme gewonnen werden können. Auch die Blütezeit der Mutter-Kind-Gruppen scheint vorbei zu sein. Weniger Gruppen mit weniger Teilnehmerinnen: Hier wird spürbar, dass weniger Kinder geboren werden und dass nun auch in Gegenden, in denen traditionelle Familien- und Geschlechtervorstellungen lange vorherrschten, viele Frauen nach der Geburt eines Kindes deutlich schneller wieder einer beruflichen Tätigkeit nachgehen als noch vor ein paar Jahren.

„Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“, lautet ein oft zitiertes afrikanisches Sprichwort. Manchmal begegnet es auch in abgewandelter Form: „Es braucht ein ganzes Dorf, um alt zu werden.“(2) Da schwingt die Vorstellung mit, dass Menschen aller Generationen aufeinander angewiesen sind und einander brauchen. Sie stützen und stärken sich, profitieren voneinander.

Die EKD-Synode 2004 in Magdeburg „Keiner lebt für sich allein – Vom Miteinander der Generationen“(3) hat sich mit generationenübergreifender kirchlicher Arbeit beschäftigt. Sie ermuntert dazu, dieses Thema auch in den Gemeinden aufzugreifen. Es gelte, mit den Potenzialen der verschiedenen Generationen Lebensqualität zu schaffen.

Das Anliegen der Synode ist in der Sache nicht ganz neu. In der kirchlichen Gemeindearbeit gab es schon immer Angebote, die mehrere Generationen zusammen bringen, wie Kirchen- und Posaunenchöre, Familien- und Gesprächskreise, Familiengottesdienste oder Sportgruppen. In den letzten Jahren hat sich dieser Trend allerdings verstärkt. So entstanden Projekte, die vor allem Kinder und ältere Menschen zusammen bringen. Das Stuttgarter Projekt „Vorlese-Oma oder Kindergarten-Opa werden“(4) ist nur eines von vielen Beispielen. Hier bringen sich Seniorinnen und Senioren im Kindergarten zugunsten der Enkelgeneration aktiv ein. Dies funktioniert im Übrigen auch umgekehrt: Ältere Menschen, die kaum noch sehen können, freuen sich über junge Menschen, Konfirmanden und Konfirmandinnen etwa, die ihnen vorlesen. Alle Angebote lassen sich nicht generationenübergreifend realisieren. Manches muss auch weiterhin für jeweils verschiede Altersgruppen angeboten werden. Hierzu zählen die Gottes-dienste mit Kleinkindern, die Kinderkirche, Jungscharen oder Kreise für junge, bzw. ältere Erwachsene.

Die Frauenarbeit ist ähnlich organisiert. Weil bestimme Themen Frauen in verschiedenen Lebensaltern auf unterschiedliche Weise betreffen, werden überwiegend getrennte Veranstaltungen für verschiedene Frauengenerationen angeboten. Ob Mutter-Kind-Gruppe, Frauenkreis oder Seniorinnenkreis: Überall zeigt sich eine gewisse Altersgleichheit. Oft wird eine Gruppe, die als junger Frauenkreis begann, miteinander alt und älter. Andererseits ist aber auch zu beobachten, dass die Zielgruppen nicht mehr so altershomogen sind wie noch vor einigen Jahren. Das betrifft die Frauenkreise – hier kommen oft Frauen zusammen, deren Altersunterschied einige Jahrzehnte ausmachen kann – und in hohem Maße auch die Mutter-Kind-Gruppen. Viele Frauen sind heute nach der Ausbildung erst einmal berufstätig, bevor sie ihr erstes Kind bekommen. Das bewirkt eine große Altersspanne unter den Müttern. So ist es völlig normal, dass 20-jährige und über 40-jährige Mütter in den Gruppen anzutreffen sind, also zwei Frauengenerationen gleichzeitig. Die Vielfalt wird dadurch noch weiter verstärkt, dass sich zunehmend auch Tagesmütter mit einem oder mehreren Tageskindern in den Gruppen beteiligen. Und schließlich kommen auch Großmütter mit ihren Enkelkindern in die Gruppen.

Befragungen haben ergeben, dass die Anwesenheit mehrerer „Mütter-Generationen“ in den Mutter-Kind-Gruppen durchweg als Bereicherung gesehen wird. Es ist nicht schwer sich vorzustellen, wie positiv es auf die Gruppe wirkt, wenn Wissen über Liedgut, Pflanzenkunde oder Erfahrungen zur Gestaltung des Alltags, auch und gerade in religiösen Fragen, über Generationen weitergegeben und geteilt werden kann.

Einen viel weiteren und mutigeren Schritt im Sinne des Anliegens der EKD-Synode 2004 haben Frauen des Evangelischen Kirchenbezirks Gaildorf in Württemberg gemacht. Die Frauen des Bezirksarbeitskreises wollen auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren und beschäftigen sich intensiv mit der Generationenfrage. Zielgruppenspezifische Fortbildungen und Veranstaltungen wird es auch dort weiterhin geben. Aber seit drei Jahren gibt es einmal im Jahr eine Veranstaltung, zu der Leiterinnen von Mutter-Kind-Gruppen und Frauenkreisen gemeinsam eingeladen werden. Diese Veranstaltung muss dabei thematisch mit unterschiedlichen Beiträgen für beide Gruppen anschlussfähig sein. Das stellt eine besondere Herausforderung dar. Da die Leiterinnen der Mutter-Kind-Gruppen in der Regel ihre Kinder mitbringen, muss auf jeden Fall vorher geklärt werden, wie damit umgegangen wird. Kinder beleben die Veranstaltung! Denn auch, wenn Kinderbetreuung angeboten wird, ist davon auszugehen, dass einige Kinder lieber bei ihren Müttern bleiben wollen. Mit einer gewissen Unruhe ist deshalb grundsätzlich zu rechnen.

Begonnen hat alles mit einem außergewöhnlichen Schritt. Die Organisatorinnen hatten in zwei unterschiedlichen Einladungsschreiben an die Leiterinnen der Mutter-Kind-Gruppen und der übrigen Frauengruppen zur selben Veranstaltung eingeladen. Die Überraschung am Veranstaltungstag war groß, denn die jeweiligen Leiterinnen waren anfangs recht verwirrt ob der anwesenden unterschiedlichen Altersgruppen. Dem Bezirksteam gelang es aber sehr gut, beide Gruppen miteinander ins Gespräch zu bringen. Alle ließen sich auf das Experiment ein – und am Ende haben sie beschlossen, in Zukunft jährlich eine gemeinsame Veranstaltung durchzuführen. Das Programm einer dieser Frauen-Generationen übergreifenden Veranstaltungen kann vielleicht dazu anregen, das auch andernorts einmal zu versuchen.


Für die Arbeit in der Gruppe

Thema: Schöpfung Gottes erleben – regional und fair essen
Die Kinder sind bis zu Beginn des thematischen Teils dabei und werden dann betreut; es gibt einen gemeinsamen Abschluss.

Ziel
– Erwachsene und Kinder nehmen Gottes Schöpfung spielerisch wahr.
– Erwachsene reflektieren, wie Kinder Schöpfung wahrnehmen.
– Erwachsene reflektieren den Umgang mit der Natur und mit Lebensmitteln.

Material
– für die Gestaltung der Mitte: grüne Tücher auf dem Boden, darauf eine Schale mit Obst/Gemüse, Blumen
– für den Abschluss: eine große Wanne mit Wasser (vielleicht gibt es auch in der Nähe einen Brunnen oder Teich?)
– buntes Papier (80 g/m²), Scheren, Stifte
– für jede Teilnehmerin ein buntes Chiffon- oder Seidentuch (oft in Mutter-Kind-Gruppen vorhanden)

Ablauf
Die TN sitzen im Kreis um die grünen Tücher

Lied:
Himmel, Erde, Luft und Meer (EG 504) oder: Geh aus, mein Herz, und suche Freud (EG 503)

Kindergebet zur Schöpfung mit Bewegungen:
Sonne,
gespreizte Finger einer Hand stellen die Sonne dar
Erde,
beide Hände formen eine Erdkugel
Luft,
rechte Hand macht schnelle Windbewegungen
und Meer,
linke Hand macht Wellenbewegungen
wo kommt das her?
beide Hände fragend nach oben halten
Alles das hat Gott gemacht,
mit beiden Händen wirbelnde Drehbewegungen machen
dafür sei Lob und Dank gebracht.
beide Hände zeigen nach oben
Amen!
in die Hände klatschen

Fingerspiel: Die Tulpe
Spielhinweis: Das Chiffontuch zwischen den Händen verstecken, zum Schluss  langsam als Blüte öffnen lassen und wieder schließen, dann die Blüte auf die grünen Tücher blasen. Bei „Gemunkel und Geraune“ mit den Füßen hin und her reiben.

Dunkel
war alles und Nacht.
In der Erde tief,
die Zwiebel schlief,
die braune.

Was ist das für ein Gemunkel?
Was ist das für ein Geraune?
Dachte die Zwiebel,
plötzlich erwacht.
Was singen die Vögel da droben
und jauchzen und toben?
Von Neugierde gepackt,
hat die Zwiebel einen langen Hals gemacht
und um sich geblickt,
mit ihrem hübschen Tulpengesicht.

Da hat ihr der Frühling entgegen-gelacht.

Am Abend ging die Blüte zu
und morgens wieder auf,
und zu und auf
und zu und auf.
Bis eines Tages der Wind kam,
der hat die Blüte wieder weggeschickt.

Josef Guggenmos(6)

Thematischer Teil:

Austausch der Erwachsenen:

– Wie nehmen die Kinder die Schöpfung wahr? Wie haben wir selbst sie in unserer Kindheit wahrgenommen? Was hat sich geändert?

– Wie gehen wir heute mit der Schöpfung um? (Vertiefung des Themas mit dem Fokus auf die Produktion und den Umgang mit Lebensmitteln)

– Alternative Aspekte:
regional und saisonal einkaufen (Mitarbeiterin von Hof- oder Bauernladen kann berichten);
Fairer Handel (Mitarbeiterin eines Weltladens kann berichten);
Vertrauen in die Lebensmittel (Gentechnik);
Teilen (Mitarbeiterin von Brot für die Welt kann berichten)

– Papierblumen (siehe Anleitung unten) ausschneiden und falten; eventuell können die Kinder mit Hilfe der Betreuerinnen ebenso Blumen herstellen.

Gemeinsamer Abschluss mit den -Kindern:
Die Blumen im Wasser aufgehen lassen und staunen!

Abschluss-Segen als Segensblitz:
Alle, auch die Kinder, stehen im Kreis und halten sich an den Händen. Die Leiterin spricht den Segen und drückt anschließend mit ihrer linken Hand die Hand ihrer linken Nachbarin, und so weiter. Wenn der Händedruck wieder angekommen ist, sagt sie „Amen“ und alle klatschen in die Hände.

Gott,
was ich sehe, wenn ich gehe,
das ist wunderschön.
Bleib bei uns mit deinem Segen,
wenn wir jetzt nach Hause geh´n.
Amen.

Weitere Ideen für generationen-übergreifende Angebote:
Thema „Gemeinsam Feste feiern“

– Sommerspaziergang zum (Wald-) Spielplatz mit Erklärungen zu Blumen und Bäumen am Wegesrand
– gemeinsames Laternelaufen: Teilnehmerinnen der Frauen- und Mutter-Kind-Gruppen gehen mit Menschen aus dem Altenheim eine (kurze!) Runde mit Laternen. Kinderwagen und Rollstuhl passen von der Geschwindigkeit her gut zusammen. Die Älteren kennen noch viele Laternenlieder auswendig. Anschließend gibt es im Foyer des Altenheims Punsch.

– Weitere Ideen in der Dokumentation der Modelltagung „Abenteuer Alter(n)“ unter: www.evangelischefrauen-deutschland.de (Gesellschaftspolitik /Frauen gestalten Alter / Dokumentation / Modelltagung / Tagungsdokumentation, S. 29-31)


Martina Liebendörfer, Jahrgang 1961, ist Referentin für Mutter-Kind-Gruppenarbeit bei den Evangelischen Frauen in Württemberg.


Anmerkungen
1 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung – diese und weitere Zahlen unter:
www.bpb.de/wissen/AE3W2K,0,Bev%F6lkerungsentwicklung
2 Heinz Bartjes: Es braucht ein ganzes Dorf, um alt zu werden. Ehrenamt und Bürgergesellschaft, in: Online-Publikation der Evangelischen Akademie
Bad Boll (2008) – www.ev-akademie-boll.de
3 EKD Magdeburg, 7.-12. November 2004
(www.ekd.de/synode2004/43354)
4 Gerlinde Keppler: Vorlese-Oma oder Kindergarten-Opa werden. Tipps für Ehrenamtliche und Kindergartenteams. Arbeitshilfe, Stuttgart 2008
www.arbeitsstellefamilie.de/index.php?id=55)
5 Martina Liebendörfer, EFW: Gott im Spiel. Arbeitshilfe für Leiterinnen von Mutter-Kind-Gruppen, Stuttgart 2011
6 Josef Guggenmos: Die Tulpe, aus: Was denkt die Maus am Donnerstag? © Beltz und Gelberg in der Verlagsgruppe Beltz, Weinheim & Basel

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