Ausgabe 1 / 2018 Bibelarbeit von Luise Metzler

Rizpa

Nicht diskutieren. Nicht abschrecken lassen.

Von Luise Metzler

Einfach machen? Als wäre das immer so einfach. Wir können ja doch nichts tun. Wer hätte dieses Wider-Wort nicht schon gehört oder selbst gesagt. Es lähmt die, die aufbrechen wollen, die es – vielleicht gar das Unmögliche – versuchen wollen. Die nicht aufgeben. Und es entschuldigt die, die Angst haben, oft berechtigte Angst, die keine Chance sehen – oder sehen wollen?

„Wir können ja doch nichts tun.“ Für Dorothee Sölle ist das der gottloseste Satz, den es gibt. Allzu oft wurde und wird er zur billigen Entschuldigung. In letzter Konsequenz nimmt er Opfer in Kauf und spricht scheinbar frei von der Notwendigkeit, reale Not zu lindern. In der Nazizeit half er wegzuschauen angesichts der Verbrechen an jüdischen Menschen, an Sinti und Roma, an lesbischen, schwulen, politisch anders denkenden Menschen. Manche wagten es, dem Satz in ihrem Tun zu widersprechen, indem sie Menschen versteckten. Manche, wie Sophie Scholl, agierten politisch und riskierten den Tod.

„Wir können ja doch nichts tun.“ Heute dient dieser Satz vielen dazu, einfach weiter zu machen angesichts des Klimawandels, der Vermüllung der Erde, der Ausbeutung von Menschen aus den arm gemachten Ländern unserer Welt. Andere widersprechen in der Tat. Sie ändern ihr Einkaufsverhalten. Sie fahren Rad statt Auto. Sie engagieren sich in ökologischen Bewegungen. Junge Menschen aus Berlin widersprachen, indem sie einfach etwas machten: Sie sammelten Geld für die Juventa – ein Schiff, um im Mittelmeer Ertrinkende zu retten. „Wir machen das, was die Regierungen nicht schaffen. … Wir wollen ein Zeichen setzen und mit politischer Arbeit gegen den Status Quo der europäischen Asylpolitik vorgehen.“ Sie machen es einfach und haben Erfolg: 2016 bis 2017 konnten sie 14.000 Menschen aus Seenot retten.

Einfach machen. Auch die Bibel erzählt von solchem Mut, von solchem Engagement für das scheinbar Unmögliche.   Ein Beispiel dafür ist Rizpa, eine besondere, aber wenig bekannte Frau im Alten Testament. „Es war Hunger in den Tagen Davids, drei Jahre, Jahr für Jahr.“ 2 Sam 21,1 – so beginnt die Erzählung. Hunger. Wie viel Not verbirgt sich hinter diesem Wort! Drei Jahre. Eine ungewöhnlich lange Zeit. Das Bild einer bedrängenden, für die ärmere Bevölkerung Tod bringenden Not entsteht, wie es Bibellesenden später am Schicksal der Witwe von Zarpat und ihres Sohnes vor Augen geführt wird.  1 Kön 17   Ursache kann fehlender Regen sein. Hungersnot kann damals wie heute auch andere Ursachen haben, etwa Verwüstungen durch Kriege. Hungerkatastrophen wie im Südsudan und Somalia sind furchtbare Zeugen davon. Im Jemen sind aktuell 18 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen.

König David sucht Rat bei Gott, und Gott verweist ihn auf ein Verbrechen Sauls, seines Vorgängers als König: einen Genozid an der gibeonitischen Bevölkerung, die als Fremde in Israel lebt: „Saul hatte versucht, sie zu erschlagen in seinem Eifer für die Töchter und Söhne Israels und Judas.“  2 Sam 21,2

Ein ungesühntes Verbrechen. Dass Unrecht und Gewalttat in ursächlichem Zusammenhang mit Katastrophen wie einer Hungersnot stehen können, gehört in den Denkhorizont altisraelitischer Menschen.  Sie kennen es. So wird gemäß Hosea 4,2ff das Land ursächlich durch das Unrecht und die Bluttaten geschädigt, die sich auf seinem Boden ereignen: „Gott hat einen Rechtsstreit mit denen, die das Land bewohnen; denn es gibt keine Treue und keine Solidarität und keine Erkenntnis Gottes im Land. Verfluchen und Betrügen und Morden und Stehlen und Ehebrechen reißen ein; Bluttaten reihen sich an Bluttaten. Darum trauert das Land, und es verdorrt alles, was auf ihm wohnt, mit den Wildtieren des Feldes und mit den Vögeln des Himmels. Sogar die Fische im Meer kommen um.“

Durch die Worte „in den Tagen Davids“ stellt die Bibel klar, dass der Hunger David etwas angeht. Als König hat er für Recht und Gerechtigkeit zu sorgen. David übernimmt die Verantwortung. Er wendet sich an die Menschen Gibeons: „Was soll ich für euch tun? Wodurch soll ich Sühne leisten, auf dass ihr den Erbbesitz Gottes segnet?“  2 Sam 21,3
Sie reagieren mit einem maßlosen Vorschlag: „Der Mann, der uns fertig gemacht hat und der danach trachtete uns zu vertilgen, so dass wir uns nicht halten konnten im ganzen Gebiet Israels: Jemand veranlasse, dass uns sieben Männer von seinen Söhnen und Töchtern gegeben werden, damit wir sie verrenken für Gott im Gibea Sauls, des Erwählten Gottes.“  2 Sam 21,4-6

David geht auf das Ansinnen ein und versündigt sich damit selbst. Politisch kommt ihm die Forderung sehr entgegen. Denn solange noch ein Saul-Nachkomme lebt, ist seine Position als König bedroht. Aber sein Vorgehen ist rechtswidrig. Die Tora, das Gesetz Israels, ist hier eindeutig. Niemals dürfen Kinder für die Taten ihrer Eltern bestraft werden: „Es sollen die Eltern nicht wegen ihrer Kinder sterben, und die Kinder nicht wegen ihrer Eltern. Jede Person soll für ihre eigene Sünde mit dem Leben haften.“  Dtn 24,16  Sippenhaft, wie sie in den Antike durchaus möglich war und die es historisch in Israels Frühzeit sicher gab, schließt die Tora hier und an vielen anderen Stellen der Bibel ausdrücklich aus. Außerdem darf eine Todesstrafe niemals per Dekret verhängt werden. Sie bedarf zwingend einer ordentlichen Gerichtsverhandlung, in der alle zu Wort kommen müssen: die Geschädigten und die Täter_innen, so u.a. Dtn 16,18.

David geht wortlos darüber hinweg und liefert die sieben Männer aus: „Da nahm der König die zwei Söhne der Rizpa, … die sie Saul geboren hatte, … und die fünf Söhne der Michal, der Tochter Sauls, die sie Adriel ben-Barsillai aus Mehola geboren hatte. Und er gab sie in die Hand der Menschen von Gibeon. Sie verrenkten sie auf dem Berg vor dem Angesicht Gottes, und sie fielen als Sieben wie ein Einziger.“ 2 Sam 21,7-8

Mord aus politischem Kalkül! David macht es einfach – ohne Gerichtsentscheid, gegen die Tora.  So wie Diktatoren weltweit es einfach machen, wenn es um Machterhalt geht. König Assad in Syrien agiert aktuell so. Die Türkei entwickelt sich so. Auch Militärdiktaturen in Südamerika machten es einfach. Sie töteten ohne rechtliche Grundlage. Andere wie Hitler schufen sich selbst ein Gesetz, das sie scheinbar dazu ermächtigte.

Sieben nicht schuldige Männer werden zum Töten preisgegeben – zwei Mütter, Michal und Rizpa, erleben nicht nur diese Verbrechen. Sie erleben auch, dass es keinerlei Anstalten gibt, die Ermordeten zu begraben. Schutzlos sind die Leichname Tierfraß ausgesetzt. Jetzt handelt Rizpa. Sie erkennt, was vordringlich ist, und handelt – wortlos: „Da nahm Rizpa, die Tochter Ajas, das Trauergewand. Sie streckte es für sie zum Fels vom Beginn der Ernte bis dass die Wasser über sie alle stürzten, vom Himmel her; und sie ließ nicht zu, dass die Vögel des Himmels sich am Tage über sie hermachten noch die Tiere des freien Feldes zur Nacht.“ 2 Sam 21,10

Welch ein Mut! Die Getöteten nicht zu begraben ist ein politischer Akt. Sie der Schändung durch Tiere zu überlassen, soll abschrecken und die eigene Macht zur Schau stellen – eine Gewaltakt an den Leibern Getöteter.

Mit ihrem Trauergewand legt Rizpa ein Veto ein in der Welt der Gewalt, die nicht vor den toten Körpern der Söhne Rizpas und Michals Halt macht.

Rizpa lässt es nicht zu und verbündet sich mit Gott. Mit Gott? Gott ist im Bibeltext verborgen, nur für Kundige in den Worten „Sie streckte es … zum Fels“ zu finden. „Fels“ ist ein Name Gottes. Direkt im nächsten Kapitel betet David zu „Gott, mein Fels“.  2 Sam 22,2 /  22,32 /  23,3 In den Psalmen und an vielen anderen Stellen wird Gott als Fels angeredet.

Indem Rizpa ihr Trauergewand ausstreckt, handelt sie wie Mose in Ägypten, der den Arm ausstreckt, weil Pharao die Kinder Israels nicht ziehen lassen will. Hier wie dort steht dasselbe Wort für „ausstrecken“. Wie schon Mose, so kommt Gott auch Rizpa mit einer Plage zur Hilfe. Das hebräische Wort für Wasser, die über sie alle stürzen, kommt nur bei Plagen vor, die Gott zur Unterstützung Hilfloser schickt. Im Ägypten bewirken sie, dass Pharao die Kinder Israels endlich ziehen lässt. Bei Rizpa bewirken sie, dass David begreift, was zu tun ist: dass er die Toten bestattet. Rizpa wird darin zur Toralehrerin für David, mit Hilfe von Gott, dem Fels.

Die Ermordung ihrer Söhne kann Rizpa nicht verhindern. Aber sie kann über das Recht der Ermordeten auf Bestattung wachen. Rizpa hört den lautlosen Schrei der Leiber ihrer und Michals Kinder. Rizpa spricht kein Wort. Sie schweigt mit dem anderen Schweigen, von dem Menachem Mendel Morgenstern, bekannt als der Kotsker Rebbe, sagt: „Das lauteste Schreien ist das Schweigen.“

Rizpa sieht die Verelendung der Ermordeten über den Tod hinaus und „macht einfach“. Sie behütet die Ermordeten und wird von Gott, dem Fels, mit einem Sturzregen unterstützt. Die „Wasser, die vom Himmel her stürzen“  2 Sam 21, 10, sind zerstörerische Unwetter, Platzregen, der alles überflutet – und das zur Zeit der Ernte: Genau so, wie Gott sich in Ägypten zugunsten der versklavten Frauen, Männer und Kinder mit Moses solidarisiert hatte, so solidarisiert sich Gott mit Rizpa zugunsten der ermordeten Söhne Sauls, deren tote Leiber von aasfressenden Tieren bedroht sind und denen das Recht vorenthalten wird, durch Bestattung davor bewahrt zu werden.

Denn bestattet zu werden ist ein Grundrecht aller Menschen, egal aus welchem Grund sie sterben, egal welche Schuld sie möglicherweise im Leben auf sich geladen haben (vgl. Dtn 21,22f).

Mit dem zum Fels gestreckten Sackgewand wacht Rizpa über den Leichnamen ihrer Söhne und der Söhne Michals. Unterstützt von der Macht des Wassers, das vom Himmel her über sie alle stürzt, tut Rizpa, was in ihren Kräften steht, um die Schändung der Toten zu verhindern. Rizpa hat den festen Vorsatz, die Menschenwürde der sieben Opfer wieder herzustellen, die zur Verstümmelung ausgesetzt wurden. Ihre Antwort auf das unmenschliche Massaker ist ihre Fähigkeit, auch in einer unmenschlichen Situation weiter ein Mensch zu bleiben – mit Gott, dem Fels, an ihrer Seite. Umgeben von Leichnamen bezeugt sie das Leben.

Der Bibeltext lässt Zeitdauer und Art und Weise ihrer Wache offen. Diese Leerstelle mit Spekulationen zu füllen, verbietet sich aus Respekt vor dem überlieferten Text. Wahr zu nehmen ist dessen Zielrichtung. Er kontrastiert Rizpas Handeln mit dem Handeln Davids. David hatte gegen die Tora Menschen genommen, sie der gibeonitischen Bevölkerung zum Töten gegeben und ihnen ein Begräbnis verweigert. Rizpa nahm das Sackgewand. Sie kämpfte für Gerechtigkeit gemäß der Tora: als parteilicher Einsatz für die Schwachen, denen zum Recht verholfen werden muss.

Unterstützt von Gott, dem „Fels“, ließ Rizpa die postmortale Schändung der Ebenbilder Gottes nicht zu. Indem sie darin das drohende Leichtmachen der Gottheit verhinderte, erreichte sie gleichzeitig, dass „das Land nicht unrein gemacht wird, das JHWH, deine Gottheit, dir als Erbbesitz gibt“. Dtn 21,23.

Davon wird David berichtet, und David versteht sofort, was er zu tun hat. Wegen der Verbrechen Sauls litten Land und Leute drei Jahre lang Hunger. Erst nachdem David, von Rizpa lernend, den Getöteten Gerechtigkeit zukommen lässt und sie bestattet, ist Gott für das Leid ansprechbar: „Danach erhört Gott die Bitten für das Land.“ 2 Sam 21,14

Diese Versöhnung ist entscheidend von Rizpa angestoßen worden. Sie hat einfach gemacht, was keineswegs einfach ist. Ihre Trauer hat sie nicht gelähmt, sie hat sich engagiert. Einfach so.

Für die Arbeit in der Gruppe

90 min
1  Einfach machen – nicht kneifen
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ichbinhier ist eine Gruppe, deren Mitglieder in den Kommentarspalten der sozialen Medien mitdiskutieren, um den Hetzern nicht das Feld zu überlassen. Dazu braucht es Mut. Zivilcourage zeigen: Dazu hat auch die Fastenaktion der EKD 2018 aufgerufen.

Tauschen Sie sich aus: An welche Situation, in der Ihrer Meinung nach Zivilcourage gefordert war, erinnern Sie sich? Wie haben Sie – oder andere Menschen – reagiert? War es im Nachhinein gesehen die richtige Reaktion? Was hat Sie daran gehindert beziehungsweise Ihnen dabei geholfen, sich couragiert einzumischen?

2  Rizpa-Geschichte
Lesen und besprechen Sie vor diesem Hintergrund den biblischen Text 2 Sam 21, 1-14
1 Es war Hunger in den Tagen Davids drei Jahre, Jahr auf Jahr; und David suchte das Angesicht Adonajs auf. Adonaj sprach über Saul und über das Haus, an dem Blut klebt: „Weil er die Frauen, Männer und Kinder von Gibeon getötet hat.“ 2 Da rief der König die Gibeoniterinnen und Gibeoniter und sprach zu ihnen. „Die Menschen aus Gibeon sind keine Töchter und Söhne Israels, sondern gehören zum Rest der AmoriterInnen. Die Töchter und Söhne Israels hatten sich mit einem Schwur ihnen gegenüber gebunden. Saul aber hatte versucht, sie zu erschlagen in seinem Eifer für die Töchter und Söhne Israels und Judas.“ 3 Da sprach David zu den Frauen und Männern aus Gibeon: „Was soll ich für euch tun? (…)

3  Lesen Sie Psalm 79
– und zwar als „Psalm Rizpas, als sie das Trauergewand zum Fels streckte, nachdem David ihre und Michals Söhne hatte verrenken lassen und ihnen kein Begräbnis gab.“ Der Psalm könnte Rizpas wortlosem Appell an Gott Worte verleihen.

4  Rizpas schweigende Anklage – sichtbar und hörbar gemacht
Anders als die meisten biblischen Gestalten wird Rizpa in der darstellenden Kunst, in Musik und Literatur kaum rezipiert. Wie die Theologie, so marginalisieren auch die Künste Existenz und Handeln dieser Frau. Eine Ausnahme bildet eine niederländische Homepage, die alle diese Bereiche verbindet.
Indem dort das Gedicht Rizpa verjaagt de vogels von Huub Oosterhuis zitiert wird, werden der Text ausgelegt, dazu Rizpas schweigende Wache ins Bild gesetzt und ihrer Anklage durch einen Klage-Gesang „Dein Recht ist schlecht, König!“ Worte verliehen. Solche Worte, die prophetisch klingen, könnten es sein, die David mitgeteilt werden und durch die er sich zur Umkehr bewegen lässt.

Literaturangaben
Yehuda Aschkenazy: Neuorientierung der Theologie, in: Uwe F.W. Bauer u.a. (Hgg.), Lehren und Lernen in christlich-jüdischer Tradition, Wittingen 1995
Barbara Beuys: Sophie Scholl. Biografie. Carl Hanser, München 2010
Dorothee Sölle, Fulbert Steffensky u.a.: Wider den Luxus der Hoffnungslosigkeit, Freiburg 1995
Luise Metzler, Das Recht Gestorbener, Münster 2015
Huub Osterhuis: Lied der Rizpa, aus: „Wort, das trägt“ (Näheres siehe Impressum)
www.jugendrettet.org

 

 

2 Sam 21,1-14

 

1 Es war Hunger in den Tagen Davids drei Jahre, Jahr auf Jahr; und David suchte das Angesicht Adonajs auf. Adonaj sprach über Saul und über das Haus, an dem Blut klebt: „Weil er die Frauen, Männer und Kinder von Gibeon getötet hat.“   2 Da rief der König die Gibeoniterinnen und Gibeoniter und sprach zu ihnen. „Die Menschen aus Gibeon sind keine Töchter und Söhne Israels, sondern gehören zum Rest der AmoriterInnen. Die Töchter und Söhne Israels hatten sich mit einem Schwur ihnen gegenüber gebunden. Saul aber hatte versucht, sie zu erschlagen in seinem Eifer für die Töchter und Söhne Israels und Judas.“    3 Da sprach David zu den Frauen und Männern aus Gibeon: „Was soll ich für euch tun? Wodurch soll ich Sühne leisten, auf dass ihr den Erbbesitz Adonajs segnet?“  4 Da sprachen die Frauen und Männern aus Gibeon zu ihm: „Wir haben kein Silber und Gold von Saul und von seinem Haus, und wir haben keinen Mann, um (ihn) in Israel zu töten.“ Er sprach: „Was sagt ihr? Ich tue es für euch!“   5 Da sprachen sie zum König: „Der Mann, der uns fertig gemacht hat und der danach trachtete uns zu vertilgen, so dass wir uns nicht halten konnten im ganzen Gebiet Israels:   6 Jemand veranlasse, dass uns sieben Männer von seinen Söhnen und Töchtern gegeben werden, damit wir sie verrenken für Adonaj im Gibea Sauls, des Erwählten Adonajs. Da sprach der König: „Ich, ich gebe!“   7 Aber der König verschonte Mephi-Boschet, den Sohn Jona-
thans, des Sohnes Sauls, wegen des Adonaj-Schwures, der zwischen ihnen bestand, zwischen David und Jonathan, dem Sohn Sauls.   8 Da nahm der König die zwei Söhne der Rizpa, der Tochter Ajas, die sie Saul geboren hatte, Armoni und Mephi-Boschet, und die fünf Söhne der Michal, der Tochter Sauls, die sie Adriel ben-Barsillai aus Mehola geboren hatte.   9 Und er gab sie in die Hand der Menschen von Gibeon. Sie verrenkten sie auf dem Berg vor dem Angesicht Adonajs, und sie fielen als Sieben wie ein Einziger. Sie wurden getötet in den Tagen der Ernte, in den ersten, am Beginn der Gerstenernte. 10 Da nahm Rizpa, die Tochter Ajas, das Trauergewand. Sie streckte es für sie zum Fels vom Beginn der Ernte bis dass die Wasser über sie alle stürzten, vom Himmel her; und sie ließ nicht zu, dass die Vögel des Himmels sich am Tage über sie hermachten noch die Tiere des freien Feldes zur Nacht.“   11 Es wurde David mitgeteilt, was Rizpa, die Tochter Ajas, die Nebenfrau Sauls, tat.   12 David ging. Er nahm die Gebeine Sauls und die Gebeine Jonathans, seines Sohnes, von den Bürgerschaft von Jabesch Gilead, die diese vom Torplatz zu Bet-Schean gestohlen hatten, dort, wo die Philister_innen sie aufgehängt hatten am Tage, als die Philister_innen Saul in Gilboa geschlagen hatten.
13 Von dort ließ er die Gebeine Sauls und die Gebeine Jonathans, seines Sohnes, hinaufbringen und sie sammelten die Gebeine der Verrenkten.   14 Sie bestatteten die Gebeine Sauls und Jonathans, seines Sohnes, im Land Benjamin, in einem Seitenraum in der Grabstätte Kischs, seines Vaters. Und sie taten alles, das der König angeordnet hatte. Danach erhört Gott die Bitten für das Land.

 

Übersetzung: Luise Metzler

 

 

Lied der Rizpa

 

Dein Recht ist schlecht, König.
Ich werde ins Bergland gehen
Und dort den Geiern hoch am Himmel,
den Schakalen unten ins Auge sehn,
vor ihrem Zugriff meine Toten retten,
entreißen deinen Händen, König,
und dir widerstehn.

 

Dein Recht ist Mord, König,
dein Gott muss ein Todesgott sein.
Und doch ist eine da auf Erden,
die läßt die Toten geborgen sein.
Ich will die Hitze, will die Glut ertragen,
den Sturm, die Regenplagen, König,
und bei Ihnen sein.

 

Dein Recht verkommt, König.
Ich weiß von der neuen Zeit,
von Menschen, die wie Menschen leben,
aus Rache und aus Schuld befreit –
und reichen, schweren Früchten an den Bäumen,
auf allen Bergen hohe Garben
der Gerechtigkeit.

 

Huub Oosterhuis

Dr. Luise Metzler ist evangelische Theologin mit Schwerpunkt Altes Testament und Erwachsenenbildnerin. Für ihre Dissertation „Das Recht Gestorbener. Rizpa als Toralehrerin für David“ wurde sie mit dem Marga-Bührig-Preis ausgezeichnet. Sie war lange Mitglied im Redaktionsbeirat der ahzw und bringt diese Erfahrung jetzt in den Redaktionsbeirat der Nachfolgepublikation leicht&SINN ein.

 

 

 

 

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