Ich will ein Licht anzünden / im Namen Gottes, / der die Welt erhellt / und uns den Odem des Lebens eingehaucht hat.
Ich will ein Licht anzünden / im Namen Jesu, / der die Welt errettet / und mir seine Hand gereicht hat. / Ich will ein Licht anzünden / im Namen der Heiligen Geistkraft, / die in mir wohnt / und mich verbindet mit allem, was lebt.
Drei Lichter für den dreieinigen Gott der Liebe: / Gott über uns, / Gott neben uns, / Gott in uns. / Am Anfang bis ans Ende und in Ewigkeit.
„Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist“, heißt es im Lukasevangelium. Lk 6,36 Das ist die Jahreslosung für 2021. In ihrem Zentrum steht das Wort „Barmherzigkeit“. Ich lade Sie ein, dieses Wort in den Mund zu nehmen, es zu „verkosten“. Sprechen Sie das Wort vor sich hin. Leise und laut, langsam und schnell. Lassen Sie es sich auf der Zunge zergehen. Gehen Sie dabei durch den Raum und fragen sich, erspüren, erleben Sie:
– Welche Farbe hat das Wort für mich? Ist es rot oder grün? Erdig braun oder sonnengelb?
– Welcher Klang passt am besten: eher hell oder dunkel, hart oder weich, hoch oder tief?
– Wo fühle ich das Wort am intensivsten in meinem Körper? Im Kopf? Im Herzbereich oder im Bauch? Wie ist es, wenn ich es unter die Füße nehme?
– Wie „schmeckt“ Barmherzigkeit? Ist es etwas Süßes oder eher Deftiges? Eine Hauptspeise oder ein Dessert?
-Welche Assoziationen, welche Bilder oder auch Erinnerungen tauchen in mir auf?
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Gehen Sie nun zu viert zusammen (beziehungsweise, wenn alle sitzen geblieben sind: Wenden Sie sich der Nachbarin auf der anderen Seite zu): Mit dem Wort Barmherzigkeit verwandt ist „Mitleid“ oder „Mitgefühl“. Wie unterscheiden sich die Begriffe voneinander? Wie sind sie für Sie jeweils inhaltlich gefüllt? [ 5 Minuten ]Danach um kurze Voten aus den Gruppen bitten
Bei Mitleid steht das Gefühl im Mittelpunkt. Barmherzigkeit aber ist mehr als ein Gefühl. Es schließt das barmherzige Handeln mit ein. Barmherzigkeit ist tätige Nächstenliebe, eine Schwester der Liebe.
Woher kommt eigentlich das Wort „Barmherzigkeit“? Dazu gibt es verschiedene Theorien. Die einen leiten Barmherzigkeit ab von „arm-herzi“ – „ein Herz für die Armen“. Das entspricht dem lateinischen Wort „misericordia“. Andere sagen, die Grundform sei „barm-herzi“. „Barm“ bedeutet im Althochdeutschen „Mutterschoß“. Das wiederum passt zu „rachamim“, dem hebräischen Wort für Barmherzigkeit, das ebenfalls „Mutterleib“ bedeutet. Barmherzigkeit hat also ihren Ort im Herzen, dem Sitz des Gefühls und der Liebe. Und: im Becken! Dort ist unsere Vitalität verankert und unsere Lebenskraft. Unser Herz sollen wir öffnen für die Armen und unsere Kraft und Vitalität einsetzen für alle, die Hilfe brauchen.
Barmerzigkeit gilt im Christentum wie auch im Islam und im Judentum als herausragende Eigenschaft Gottes. „Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte“, heißt es an mehreren Stellen in den Psalmen (z.B. Ps 103,8). Barmherzigkeit ist nicht nur ein Aspekt der Liebe Gottes. „Barmherzigkeit ist das Wesen Gottes selbst“, sagt Frère Alois, der Prior der Gemeinschaft von Taizé.2 Drei Mal spricht Gott vor Mose seinen Namen aus. „Ich bin, der ich bin“, hört Mose am brennenden Dornbusch. Ex 33,19 Beim zweiten Mal sagt Gott: „Ich gewähre Gnade, wem ich will, und ich schenke Barmherzigkeit, wem ich will.“ Ex 33,19 Und an der dritten Stelle, wo der Name Gottes genannt wird, heißt es: „Der Herr ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Erbarmen und Treue.“ Ex 34,6
Im Neuen Testament erzählt Jesus im Gleichnis von Gott als dem barmherzigen Vater, der den verlorenen Sohn mit offenen Armen aufnimmt und ihm ein Fest bereitet. Lukas 15,11-32 „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen“, sagt er seinen Jüngerinnen und Jüngern in den Seligpreisungen. Mt 5,9
„Barmherzigkeit ist die Fülle Gottes und die Fülle des Menschen“, sagt Frère Alois. Denn weil wir aus dieser Fülle empfangen, weil wir von Gottes Gnade und Barmherzigkeit leben, können wir nicht anders, als selbst barmherzig sein. Das ist der Ursprung und die Motivation unseres Handelns. „Der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit“, heißt es im 103. Psalm. Barmherzigkeit ist die Krone unseres Menschseins. Das Höchste, das Vollkommenste. Das Zeichen unserer Gottesebenbildlichkeit. „Durch die Barmherzigkeit für den Nächsten bist du Gott ähnlich“, sagte Basilius der Große, ein Kirchenlehrer aus dem 4. Jahrhundert.
Barmherzigkeit gilt darum im Christentum als wichtigste Tugend.
An vielen Stellen beschreibt die Bibel, wie sich Barmherzigkeit äußert. Wie und wo sie im Leben konkret wird. Daraus hat sich im Laufe der Kirchengeschichte die „Lehre von den Werken der Barmherzigkeit“ entwickelt: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Fremde beherbergen, Nackte kleiden, Kranke pflegen, Gefangene besuchen, Tote bestatten – das sind die sogenannten sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit. Sie gehen auf Jesus zurück, der sagt: „Alles, was ihr für eines dieser meiner geringsten Geschwister getan habt, das habt ihr mir getan!“ Mt 25,40
Doch nicht nur mein Körper braucht barmherzige Zuwendung. Auch meiner Seele tut es gut, wenn andere Mitgefühl zeigen, mich unterstützen und mir aufhelfen. Neben den leiblichen Werken gibt es darum die sogenannten sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit. Sie gehen auf Augustinus zurück: Unwissende lehren, Zweifelnde beraten, Trauernde trösten, Sünder zurechtweisen, Beleidigern gern verzeihen, Lästige geduldig ertragen, für Lebende und Verstorbene beten. Papst Franziskus hat vorgeschlagen, die Sorge um die Schöpfung als 15. Werk der Barmherzigkeit zu ergänzen.
Impuls zum Gespräch:
Was zeichnet einen barmherzigen Menschen aus? Wenn ich anderen gegenüber barmherzig bin – heißt das, dass ich alles dulde? Dass ich keine Kritik übe, wenn etwas falsch läuft? Wie verhalten sich Barmherzigkeit und Gerechtigkeit zueinander?
Welche Werke der Barmherzigkeit sind heute besonders wichtig? Diese Frage stellte der damalige Erfurter Bischof Joachim Wanke im Jahr 2007, als der 800. Geburtstag der heiligen Elisabeth von Thüringen gefeiert wurde. Aus den Antworten auf seine Umfrage wurden „7 Werke der Barmherzigkeit für heute“3 zusammengestellt:
Einem Menschen sagen: Du gehörst dazu. / Ich höre dir zu. / Ich rede gut über dich. / Ich gehe ein Stück mit dir. / Ich teile mit dir. / Ich besuche dich. / Ich bete für dich.
Welche Aspekte von Barmherzigkeit sind heute – im Jahr 2021 – besonders wichtig? Was liegt Ihnen am Herzen? In welchen Bereichen finden Sie in unserer Zeit Engagement wichtig?
Die Teilnehmer*innen bekommen ein Blatt mit den 14 klassischen Werken der Barmherzigkeit, auf dem sie ihre eigenen Themen notieren können. Nach 5-10 Minuten Einzelarbeit werden die Ergebnisse zusammengetragen.
Abschluss:
Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist
Vorschlag für Bewegungen zum Lied:
– Hände legen sich über Kreuz auf den Herzraum
Ich komme in Kontakt mit meinem Herzen.
– Arme öffnen sich im Bogen nach oben
Ich öffne mich für Gott.
– Hände gehen durch die Mitte nach unten
Ich empfange Barmherzigkeit und lasse sie durch mich strömen.
Segen in der Runde:
Wir stehen im Kreis und vergewissern uns, dass wir den (Vor-) Namen unserer rechten Nachbarin kennen.
Die Leiterin beginnt. Sie wendet sich ihrer rechten Nachbarin zu, nimmt ihre Hand, nennt deren Namen (z.B. Ulrike) und sagt: „Ulrike, ich lege meine Hand in deine Hand. Gesegnet sei dein Weg.“
Ulrike wendet sich ihrer rechten Nachbarin zu, nimmt deren Hand, nennt den Namen (z.B. Christiane) und sagt: „Christiane, ich lege meine Hand in deine Hand. Gesegnet sei dein Weg.“
Die letzte Ausgabe der leicht&SINN zum
Thema „Bauen“ ist Mitte April 2024
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